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Hey Hipster, Ökos und Bobos. Ihr bestellt wahrscheinlich auch andauernd Sachen, weil das schon so umkompliziert geht. Euer Essen bei Mjam, weil man ja keine Restaurants betreten darf und mit der Ausrede den Laden um die Ecke zu unterstützen, sich sein Frühstück, Mittagessen, Abendessen liefern lässt. Oder ihr habt, wie ich, euch Datteln bestellt, weil euch die Werbung auf Instagram angezeigt wurde und ihr euch dachtet: „Ich hab schon alles, also warum nicht mal um € 60,- 5 Kilogramm besondere Datteln bestellen“ oder Avocados vom Bauern aus Spanien oder was auch immer, es wird ohnehin schon alles zum Versand angeboten. Auf Stylo-Webseiten zu bestellen und angepriesen in flashigen Ads auf Social Media. Vorteil 1: Man muss nicht raus. Vorteil 2: Man kann seine Kaufentscheidung auch kurz vorm Schlafengehen treffen, und schnell noch Geld auf den Kopf hauen (nicht wörtlich) Vorteil 3: Vom Sofa aus kann man sich gut fühlen, weil man irgendwas Nachhaltiges unterstützt hat. Vorteil 4: Siehe Vorteil 1 & irgendein Bote schleppt die Pakete direkt vor die Haustür.
Wir bekamen letzte Woche einen Karton mit 5 Kilogramm Gemüse in einem Karton geliefert. Aber nicht irgendein Gemüse, sondern gerettetes Gemüse, das sonst weggeschmissen worden wäre, weil es zu klein, zu unförmig ist, weil diese Naturprodukte irgendwie nicht den Standards entsprechen. Ja, da gibt es eine Initiative oder eine Firma dafür, die hat eine schöne, in nachhaltigen Farben (Erdtöne, aufgehübscht durch ein paar coole grelle Farben) gestaltete Website mit netten Illustrationen und der immer wieder auftauchenden Versicherung, dass man was Gutes tue. Da kann man ein Abo abschließen, alle 2 Wochen bekommt man dann einen Karton mit „gerettetem Gemüse“. Nachdem ich heute Mittag 3 verschimmelte Rüben und ca. 11 Karotten, die neben gezählten 8 Kartoffeln in diesem Abo-Karton für 15€ inkl Versand enthalten waren weggeschmissen habe und von den Kartoffeln, die völlig holzig waren, auch die Hälfte weggeschnitten hatte, hab ich mir ausgemalt, was hinter vielen dieser geilen, schicken und verantwortungsbewussten Firmen steckt: Ein Geschäftsmodell. Gar nicht so unkluge Bobos hatten irgendwann die supersteile Idee Gemüse, das tatsächlich niemand haben will, tonnenweise für quasi Kein-Geld anzukaufen und dann in absurd große Kartons kleine Schnittmengen des Gemüses zu packen, einen netten Sticker draufzukleben und für das tausendfache des Ankaufspreis an Hipster, Ökos und Bobos zu verkaufen. Wenn ihr im siebten Bezirk in Wien lebt, könnte es sogar sein, dass sie sich in der Wohnung nebenan die Hände über soviel Dummheit der Menschen, die sich ein gutes Gewissen erkaufen wollen, reiben. Und froh sind, dass bald niemand mehr auf die Idee kommt, einfach zum nächsten Bauern oder Markt zu gehen.
Ich bin völlig überzeugt, dass es exakt so ist.
Wahrscheinlich auch mit dem Ökoreiniger, der weder besser putzt noch wirklich umweltschonender ist, weil die kleinen süßen Tabs mit der Zitrone drauf irgendwo in Bangladesch unter ärgsten Bedingungen gepresst werden, während die Besitzer der Ökofirma gerade Yoga auf den Bahamas machen.
Und dieses Müsli, dass dreimal soviel kostet wie ein Bio-Müsli vom Bauern oder fünfmal soviel wie im Supermarkt, liebe Mitgefangene der nachhaltigen Warenwelt, das ihr mit Kamut-Herzchen aufgepeppt habt und dem ihr so einen herzigen Namen gegeben habt, ist letztlich auch nur ein teurer Spaß.


P.S.: Getrocknete Jackfruit schmeckt nur deswegen nicht ganz scheiße, weil soviel Zucker draufgekippt wird, damit man in das zähe Zeug überhaupt reinbeißen kann. Warum sollte man da essen? Warum sollte man für einen 100g-Beutel, eingelogen, äh, eingeflogen aus Sri Lanka (Firma ansässig in Deutschland) dieser Frucht – was ist das überhaupt für eine beknackte Frucht?! – dann € 3,- (Ein halber Kilo der getrockneten Frucht also € 15,-) zahlen?!

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