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Vielleicht mal das bigger picture und alles Pandemische mal zur Seite (wobei …), denn trotz Corona gehen in Amerika gerade massenhaft Menschen auf die Straße. #blacklivesmatter Nach der bewusst in Kauf genommenen Ermordung eines Menschen durch einen Polizisten und untätigen weiteren Polizisten als Mittäter, kocht das Thema wieder auf, das ohnehin stets vor sich hinbrodelt. Alltäglicher Rassismus und Polizeigewalt in Amerika, die überdurchschnittlich oft dunkelhäutige Menschen zum Opfer hat. Eine andere Hautfarbe zu haben, sollte kein Todesurteil sein oder mit einem erhöhtem Risiko einhergehen, Opfer von Polizeigewalt zu werden. Sowas sollte man eigentlich nicht aussprechen müssen, das sollte tatsächlich Normalität (hier passt der Begriff mal) sein. Wenn jemand am Boden liegt und sagt, dass er (oder sie) keine Luft bekommt, sollte man darauf reagieren, egal ob dort ein Unschuldiger oder ein Krimineller liegt. Todesurteile werden zwar in Amerika seltsamerweise immer noch ausgesprochen, aber niemals durch die Polizei. Und George Floyd, der vor der Handykamera und unter dem Knie des Polizisten Derek Chauvin, minutenlang seinem Tod entgegenblickte, war alles andere als ein Schwerverbrecher. Aber solche Gewalt hat System, rassistisch motivierte Taten gibt es regelmäßig, Diskrimierung von Menschen, die anders aussehen (wobei das „anders“ immer von einer weissen, heterosexuellen Sicht ausgesprochen wird), unzählige Menschen dunkler Hautfarbe kamen in den letzten Jahren zu Tode, einfach weil sie dunkelhäutig waren und damit etwas getriggert wird. Das sind Facts, die andere besser zusammenfassen können.

Aber was mir heute schon den ganzen Tag beim Lesen eines Romans durch den Kopf schwebt, ist, dass kein einziger der Protagonisten in den Büchern, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, jemals dunkelhäutig war. Außer es waren Bücher, in denen der Protagonist explizit dunkelhäutig war, als solcher beschrieben wurde und letztgenannte Bücher beschäftigten sich stets mit Unterdrückung und Rassismus, als ob kein anderes Leben vorstellbar wäre. Die Frage geht jetzt letztlich an mich, warum ich mir niemals bei all den Romanen eine dunkelhäutige Figur vorgestellt habe. Warum kann ich mir selbst Jesus nicht anders als hellweiß vorstellen, obwohl man weiß (ich, weiß), dass er mit Sicherheit ganz anders aussah? Das beschäftigt mich gerade. Warum gönne ich das ausschweifend coole Leben der Figur im Roman, den ich gerade lese, nicht einem dunkelhäutigen Menschen?

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